Lagos - Lanzarote 556NM
16.11.2019.
1.Tag auf See
Bei auffrischendem Nordwind habe ich die Leinen gelöst und gleich in der Bucht vor der Hafeneinfahrt die Segel gesetzt. Vorsichtshalber ein 1. Reff ins Groß gebunden, da der Wind im Laufe des Tages weiter zunehmen soll. Noch in der Landabdeckung ohne nennenswerte Windsee und geringer Dünung habe ich direkt Kurs auf den Anfang des Verkehrstrennungsgebietes genommen. Anfängliche Befürchtungen über etliche Ausweichmanöver haben sich glücklicher Weise nicht bestätigt. Das Gebiet umfasst jedoch auch eine Breite von 30 NM und der Schiffsverkehr verteilt sich entsprechend. Aber auch weit später war das Verkehrsaufkommen noch ziemlich hoch. Die dicken Brummer änderten wegen meines kleinen Segelbootes frühzeitig erkennbar ihren Kurs und passieren mich immer vor meinem Bug. Es sind noch weitere Segelyachten auf meinem Kurs. Ein Schiff ist immer im Abstand von ein bis zwei NM hinter mir. Es handelt sich ebenfalls um ein Schiff unter Deutscher Flagge mit Namen KOBEL. Nachdem die Landabdeckung durch das Cabo de São Vicente nachließ, baute sich eine unangenehm steile Welle von schätzungsweise 3 m auf. Einige Exemplare waren auch wesentlich höher. Die Wellen kamen ca. 100 Grad von Steuerbord und ich befand mich mal wieder in der Waschmaschine. Erst gegen Mitternacht wurde es etwas ruhiger. An viel Schlaf war die erste Nacht nicht zu denken. Mir war auch etwas schlecht und ich musste mich erst wieder an die Schiffsbewegungen gewöhnen.
Etmal: 125 NM
17.11.2019
2.Tag auf See
Gegen 0800 wurde der Wind immer weniger und die Segel schlugen fürchterlich in der Dühnung. Ich habe dann den Motor unterstützend mitlaufen lassen. Das war auch wegen der Batterieladung notwendig, da bereits 50 Ah verbraucht waren. Um 0745 hatte ich ein erstes Etmal von 125 NM. Gar nicht so schlecht, da ich bestimmt eine Stunde für die Manöver im Hafen und das Segelsetzen benötigt habe. Die SY Kobel hat mich vormittags überholt und bis zum Abend ca. 5 NM in ihrem Kielwasser gelassen. Ab Mittag setzten dann die ersten Sqalls ein. Der Wind nahm urplötzlich an Stärke zu und änderte gleichzeitig die Richtung. Nach der Böe regnete es meistens. Genauso schnell war der Spuk auch beendet und der Wind nahm wieder seine ursprüngliche Richtung und Stärke an. Wenn man die erste Böe erahnt ist es kein Problem. Nur das erste Mal war etwas spannend, da ich nicht mit der Kraft der Böe gerechnet habe. Wenn die Schauerzelle durch war, bildete sich manchmal ein herrlicher Regenbogen. Der Sonnenuntergang war auch wie aus dem Bilderbuch. So langsam gewöhnte ich mich an die Bedingungen. Morgen werde ich wohl das erste Mal kochen.
Etmal: 126 NM
18.11.2019
3.Tag auf See
In der Nacht habe das erste Mal den Timer auf eine Stunde stellen können. Es herrschte fast gar kein Verkehr und die mich seit Beginn an begleitende SY Kobel hatte ich zwischenzeitlich wieder überholt und nunmehr 4 SM in meinem Kielwasser gelassen. Ein von mir versuchter Funkkontakt war leider nicht zustande gekommen. Der AIS Kontakt brach auch zeitweise zusammen. Das gleiche galt für meine Positionsbestimmung. Die Reparatur und das neue Update waren wohl nicht erfolgreich. Es musste also andere Ursachen haben. Heute hatte ich das erste Mal den Backofen angeheizt und mir eine Lasagne gemacht. Sehr lecker, nach 3 Tagen ohne warmes Essen. Nach erneuten Schauerzellen sollte sich das Wetter zum frühen Nachmittag etwas beruhigen. Denkste, mit dem Dunkelwerden ging es erst richtig los. Zuerst eine plötzliche Winddrehung, sodaß eine Halse bei Starkwind und Regen anstand. Das hatte gefühlt eine Stunde gedauert. Von SY Kobel bin ich dann netterweise angefunkt worden, ob bei mir alles in Ordnung ist. Anschließend kam immer stärkerer, böiger und raumer Wind mit ordentlich Regen. Also habe ich die ganze Zeit das Plexiglas- Schiebeluk geschlossen gehalten und mir das Geschehen von innen betrachtet. Auch auf die dicht neben mir fahrende Segelyacht musste ich achtgeben, da diese wieder beträchtlich aufgeholt hat. Alles war ein bisschen aufregend momentan. An Schlaf war da nicht zu denken. Erst gegen Mitternacht beruhigte sich alles und der fehlende Schlaf konnte nachgeholt werden.
Etmal: 129 NM
19.11.2019
4.Tag auf See
So langsam gewöhnte ich mich an die unterschiedlichsten Wetterbedingungen und es kam wieder Segelfreude auf. Das Schiff machte ordentlich Fahrt und zum Mittag gab es alternativlos wieder eine Lasagne. Richtig zu kochen habe ich mich nicht getraut. Zu groß erschien mir die Gefahr, vom eventuell überschwappenden, kochenden Wasser verletzt zu werden. Die ersten Angelversuche blieben ohne Erfolg. Die SY Kobel hatte ich nun endgültig aus dem AIS verloren. Auch andere Schifffahrt war nur vereinzelt zu sehen. Die meiste Zeit habe ich mit Lesen verbracht und früh mit dem Schlaf/Wach Rhythmus begonnen. Leider musste ich mangels ausreichendem Wind den Motor mitlaufen lassen, auch um die Batterien wieder zu laden und die Schiffsbewegungen etwas angenehmer zu gestalten.
Etmal: 124 NM
20.11.2019
5.Tag auf See
Der Tag empfing mich mit Flaute und einer ganzen Schar Delfinen, welche lange um das Schiff herumschwammen. Gegen 0800 hatte ich dann ersten Sichtkontakt mit Lanzarote. Land in Sicht !!! Etwas später tauchten auch die vorgelagerten Inseln des Archipels, La Graziosa und Alegranza am Horizont auf. Natürlich kreuzt auch der erste Fischer direkt vor meinem Bug auf und verlegt seine Netze. Meine Angel ist auch im wieder Wasser. Die Kontaktaufnahme mit der Marina in Arrecife verlief leider erfolglos für mich, ebenso wie meine Angelversuche. Es ist für mein kleines Boot kein Platz dort frei. Man empfiehlt mir die ebenfalls zur Gruppe gehörende Marina Calero, ca. 10 SM weiter südlich. Hier hatte ich Glück und wurde erwartet. Mit dem letzten Licht machte ich am Empfangssteg fest und erledigte die unumgänglichen Einklarierungsformalitäten. Meinen zugewiesenen Platz habe ich dann im Dunklen angefahren und festgemacht.
Nun sind wieder 556 SM im Kielwasser und der feste Boden schwankt noch schlimmer als mein Schiff auf hoher See. Aber das gibt sich bestimmt bald wieder.
Etmal: 52 NM
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Lutz, SY Forty8 (Freitag, 22 November 2019 00:16)
Ahoi Thomas,
schön, dass du wieder unterwegs bist. Was hast du als nächstes vor? Segelst du weiter zu den Kapverden? Ich kann diesen Winter leider nicht zu den Kanaren segeln, das Buch muss fertig werden.
Aber vielleicht sehen wir uns im Frühling auf den Azoren?
Liebe Grüße und fair winds,
Lutz